Die Grenze mitten durch den Brief
Küche in Greiz
Reiner Kunze schrieb uns folgenden Text zu diesem Gedicht:
In unserer Küche war es im Winter nur warm, wenn gekocht wurde, und das geschah abends nach der Arbeit. Nachts und die meiste Zeit am Tag war es kalt, so daß die Fensterscheiben zufroren und sich an ihnen Eisblumen bildeten. Durch die Eisschicht ließ sich nicht mehr hinausblicken, aber wenn das Postauto vor dem Fenster hielt - wir wohnten ebenerdig -, drang der gelbe Schein herein.
Briefe an oder von uns wurden vom Staatssicherheitsdienst geöffnet und durchleuchtet, und manche wurden beschlagnahmt. Die Tatsache, daß ein Brief angekommen war, war bereits ein Grund, sich zu freuen. Man wußte, die Verbindung zur Welt war noch nicht völlig abgerissen.
Für ein Kind in der DDR, das noch nicht lesen konnte und eine noch nicht gesehene Briefmarke der Bundespost sah, kam der Brief aus dem Ausland.