Vom Visionär zum Wahlforscher

"Die Wende war nicht absehbar."
Vom Visionär zum Wahlforscher

Michael Wolffs hat den Mauerbau selbst nicht wirklich miterlebt, da er noch zu jung war, um sich darüber Gedanken zu machen. Er nahm die 68er-Bewegung wahr, war zu dieser Zeit noch in der Schule in Frankfurt und engagierte sich auch an Schülerbewegungen. Ihm gefiel, dass sich dadurch die BRD vielfältiger und bunter zeigte. Denn es wurde häufig gesagt, dass die BRD „spießbürgerlich“ sei.  

Zu der Zeit des Mauerfalls wohnte er mit seiner jetzigen Ex-Frau und seinen zwei Kindern in einer Wohnung. Es war eine schwierige Zeit aufgrund von familiären Problemen. Wolffs Ex-Frau ging sechs Monate nach der Geburt des ersten Kindes wieder arbeiten – damit waren nicht alle Familienmitglieder einverstanden. Sie wurde sogar als „Rabenmutter“ betitelt. Das Karrieremachen war als Frau im Westen deutlich schwerer als in der DDR, wo es selbst in den höheren Positionen mehr Frauen gab.

Am 1. Januar 1980 fing Michael Wolffs an, bei der Konrad-Adenauer-Stiftung zu arbeiten. Er selbst sagt, dass sein Onkel Prof. Dr. Rudolf Wildenmann ihn maßgeblich in seiner Berufswahl geprägt hat. Wildenmann gilt als Wegbereiter der empirischen Wahlforschung und wurde durch Wahlberichterstattungen im Fernsehen einem Millionen-Publikum bekannt.  

Später wurde der Diplomsoziologe Wolffs dann Leiter des Umfragearchivs der Konrad-Adenauer-Stiftung und wertete Umfragen in der BRD, unter anderem auch zum Thema Wende, aus. Eine Umfrage in Westdeutschland fragte im Frühjahr 1989 nach der Einschätzung der Bevölkerung, ob es einen Systemzusammenbruch in der DDR geben würde:

Nach der Wende arbeitete die Stiftung auch mit ostdeutschen Instituten zusammen und führte zahlreiche Umfragen durch. Für Herrn Wolffs war dies eine sehr aufregende Zeit. Es gab allerdings auch Schwierigkeiten: das Schulsystem der DDR war mit dem im Westen kaum vergleichbar, Polytechnische Oberschule und Erweiterte Oberschule gab es in der BRD nicht. In der Umfrageforschung ist die Vergleichbarkeit aber wichtig, um bestimmte Inhalte abzuwägen und in Beziehung zu setzen.